Frei (1840)

Frei, als Beiwort, wird gebraucht
1) in Rücksicht auf eine weniger strenge Befolgung der beim ernsthaften, strengen Satze in der harmonischen Struktur zu beachtenden Regeln;
2) in Beziehung auf die Vorbereitung der dissonierenden Intervalle. so heißt zum Beispiel

  1. freie Fantasie diejenige, in welcher sich der Erfinder weder an einen gewissen Hauptsatz, noch an Takt oder Rhythmus bindet; freie Fuge eine solche, in welcher das Thema nicht durchweg ausgearbeitet ist und worin eingeschobene Sätze vorkommen, deren Notenfolge nicht unmittelbar aus dem Hauptsatz fließt (z. B. Ouvertüre zur Zauberflöte, die meisten Händelschen Fugen); freie Nachahmung, jede Art der Wiederholung eines Hauptsatzes in den verschiedenen Stimmen mit einzelnen willkürlichen Abänderungen; freie Schreibart, der Stil, in welchem teils die grammatischen Regeln Ausnahmen bleiben, teils die melodischen Teile und Modulationen lockerer aneinander gereiht sind, als im strengen oder fugenartigen Stile.
  2. Eine Dissonanz tritt frei ein, wenn sich der dissonierende Ton nicht unmittelbar vorher als Konsonanz hat hören lassen etc.

[Gathy Encyklopädie Musik-Wissenschaft 1840, 142]