Flageolet (1855)
Flageolet [sic], welches in der neuesten Zeit [um 1850] hie und da wieder in die Mode zu kommen scheint; weshalb der Art, wie es jetzt verfertigt wird, hier eine kurze Beschreibung gewidmet werden mag.
Unter Flageolet ist eine kleine Flötenart zu verstehen, welche wie die Hoboe und Clarinette [sic] vom Mund gerade herunter gehalten wird. Man verfertigt sie verschieden. Die gewöhnlichste Sorte bildet eine aus einem Stück verfertigte Röhre, welche außer sechs Tonlöchern öfter noch ein siebentes mit einer Klappe bedecktes Tonloch hat. Oben, wo das Instrumentchen angeblasen wird, ist die Röhre etwas schief abgeschnitten und bildet einen Schnabel [Mundstück] mit Kern, unter dem das Schallloch ausgeschnitten ist.
Nach einer neueren Konstruktion ist die Röhre aus drei Teilen zusammengesetzt, nämlich: a) aus dem Kopfstück, worin ein kleines Röhrchen zum Anblasen steckt, welches Ähnlichkeit mit einer Zigarrenspitze hat und entweder aus Horn oder Elfenbein gearbeitet ist; b) aus dem Oberstück, worin der Kern und das Schallloch ist; c) aus dem Unterstück. Fig. 127 [siehe nebenstehende Abb.] zeigt die Form dieses Flageolets.
Das Kopfstück, welches gleichsam ein Futteral über dem Kern darstellt, übt auf den Ton nicht den mindesten Einfluss, sondern dient hauptsächlich zum Schutz der Kernritze, soll aber auch das Ganze etwas zierlicher erscheinen lassen.
An dem Unterstück befinden sich 14 Tonlöcher, wovon 6 mit Klappen bedeckt sind. Acht Tonlöcher sind offen, nämlich sechs oben in gerader Linie eingebohrt; eins (Daumloch) auf der entgegengesetzten Seite der Röhre um ein Weniges höher hinauf gebohrt als das erste Tonloch vom Schnabel aus, und eins auf der Seite von der untersten Klappe. Das Instrumentchen hat in der Wirklichkeit ungefähr eine Länge von 15 Zoll (Rhnl. Mass), die Spitze oder Röhre zum Anblasen mitgerechnet. Es steht, wie das Piccolo, eine Oktave höher im Ton als die Flöte, von der es auch, exclusive des Anblasens, in der übrigen Behandlung nur wenig abweicht.
Bei der Musik hat das Flageolet, dessen Töne weniger scharf sind als die des Piccolo, bis jetzt noch keine solche Aufnahme gefunden, die ihm Aussicht auf das Bürgerrecht im Orchester geben könnte. Am meisten findet man es bei Dilettanten, welche die gewöhnlichste Sorte zum Abrichten junger Vögel benutzen. [Welcker von Gontershausen Magazin 1855, 398ff]