Dionysos (1929)
Dionysos, der Gott, in welchem die Griechen die sich immer erneuende Naturkraft personifizierten, dessen Kultus aber ebenso das Vergehen wie das Werden symbolisch zum Ausdruck brachte und daher für die antike Kunst der Ausgangspunkt des tragischen Elements (vgl. Dithyrambus) wurde. Im Gegensatz zu dem Apollinischen, dem anschauenden Genießen der Schönheit der Formgebung, ist daher das Dionysische in der ästhetischen Terminologie das Überquellen des Inhalts über die Form, der durch die Kunst nicht völlig in Gestaltung umgesetzte Überschuss an Ausdrucksgewalt, sei sie überschäumender Jubel oder verzweifelnder Schmerz. So wird das Dionysische zum Orgiastischen.
Wie die Kithara als speziell apollinisches, so galt den Griechen der Aulos, besonders in tieferer Tonlage (Bombykes), als dionysisches, orgiastisches Instrument. Vgl. Friedr. Nietzsche, Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik (1871). [Einstein/Riemann Musiklexikon 1929, 404]