Deklamation (1882)
Deklamation nennt man in der Vokalkomposition die Umwandlung des poetischen Rhythmus (Metrum) in einen musikalischen. Ein Lied ist schlecht deklamiert, wenn eine leichte Silbe einen starken musikalischen Akzent oder eine lange Note erhält, oder wenn eine schwere Silbe oder ein durch den Sinn hervorgehobenes Wort in der Melodie eine untergeordnete Stellung auf dem leichten Taktteil und in kurzen Noten erhält. Die poetische und musikalische Akzentuation müssen einander im allgemeinen decken, ohne dass darum die Melodie zur regelmäßigen Skansion zu werden braucht.
Das schlichte, populäre Lied folgt meist streng dem Gang des Metrums, das Kunstlied dagegen gestaltet dasselbe freier, verlängert und verkürzt die Perioden durch Silbendehnungen, durch folgen einer Anzahl kurzer Töne etc. [Riemann Musik-Lexikon 1882, ]