Bolero (1865)
Bolero. Spanischer Nationaltanz von zärtlichem und leidenschaftlichem Charakter; die Bewegung geht im Tempo di Minuetto, doch haben manche Melodien keine ebenmäßige rhythmische Gliederung und lassen sich nicht in den Takt bringen, während andere wiederum ganz deutlich den 3/4-Takt zu erkennen geben. Mehrenteils ist der Bolero mit Gesang verbunden und wird von mehreren Instrumenten, gewöhnlicher aber noch von der Zither allein begleitet, auch werden manche Boleros nicht gesungen, sondern vom ganzen Orchester zum Tanze gespielt. Die Tänzer selbst haben stets Castañuelas (Kastagnetten) in den Händen, womit sie einen Rhythmus markieren. Doch tun sie dieses nie in den Instrumentalritornellen, sondern nur zum Gesang und Tanz selbst.
Alle, die Spanien besucht haben, rühmen die Wirkung dieses Tanzes als außerordentlich und für alle anderen Nationen unnachahmlich. "Meiner Meinung nach geht ein spanischer Bolero in der Gewalt der Wirkung über alles, was man in dieser Art nur hören und sehen kann", sagt ein wohl etwas enthusiastischer Berichterstatter in der Leipziger Allgem. Mus. Zeitg. ("Über den jetzigen Zustand der Musik in Spanien", Jahrg. I. 591ff), woselbst man noch einiges Nähere über diese Tanzgattung erfahren, auch vier Melodien (zwei darunter mit ihrer eigentümlich charakteristischen Begleitung) abgedruckt finden kann. [Dommer Musikalisches Lexicon 1865, 117]