Blues (1929)
Blues = Blaue, d. h. Lieder oder Melodien in träumerischer, blauer Stimmung, sentimentale Tanzlieder im 4/4-Takt, die ihre Herkunft vom Nigger-Song [sic] nicht verleugnen. Sie liegen dem modernen amerikanischen Gesellschaftstanz zugrunde, der der Gattung des Ragtime (siehe dort) angehört. Er hat zwei Zählzeiten und wird im 4/4- oder im Alla-breve-Takt notiert. Das Tempo ist normal Halbe = 76. Dem getragenen Gesangscharakter entspricht die Bevorzugung von ruhigen, fließenden Notenwerten, in der Art wie bei der Originalnegermelodie [sic] Deep River:
Die Begleitung, ursprünglich in gleichmäßigen Vierteln, erfährt durch den Jazz (siehe dort) Synkopierungen, wobei jedoch schärfere Wirkungen im Allgemeinen vermieden werden. Dagegen sind den gefühlvollen Ausdruck ironisierende Instrumentationsaffekte mit Sordinen und ausgiebiges Glissando beliebt.
Das erste Beispiel einer Übertragung des Blues in die Kunstmusik ist der zweite Satz der Sonatine Syncopée von Jan Wiéner (1923), noch mehr überwindet den Charakter des Gebrauchstanzes Louis Gruenberg im Blues seiner Jazzberries op. 25 (1925). In der Oper ist der Blues angewandt durch Ernst Křenek in Jonny spielt auf (1927). [Einstein/Riemann Musiklexikon 1929, 187f]