Musiklexikon: Was bedeutet Bauernleier?

Bauernleyer (1865)

Bauernleyer [heutige Schreibweise: Bauernleier], Lyra rustica, pagana, deutsche (- tedesca) oder Bettler-Leyer; französisch: Vielle. Sehr altes Saiteninstrument, bestehend aus einem der Viola d'amore ähnelnden, mit sehr hohen Zargen versehenen Resonanzkörper, der nach dem Kopfe hin in einen länglichen Kasten ausläuft, in dessen rechter Seitenwand zehn bis zwölf Tasten angebracht sind, die mit den Fingern der linken Hand gespielt werden und den klingenden Teil der Saiten begrenzen. Bezogen ist das Instrument mit vier Darmsaiten, von denen zwei zu beiden Seiten außerhalb des die Claves [Tasten] enthaltenden Kastens liegen und stets nur im Einklang fortsummen, daher Hummeln genannt werden. Nur die mittleren beiden werden durch die Tastatur gespielt und geben die diatonische Tonleiter, je nach Zahl der Tasten, im Umfang von zehn bis zwölf Stufen. In Schwingungen gesetzt werden alle vier Saiten nicht durch einen Bogen, sondern durch ein hölzernes mit Kolophonium bestrichenes Rad, welches durch eine mit der rechten Hand regierte Kurbel in Umschwung gebracht wird und die Saiten anstreicht. Zuweilen sind letztere an der Stelle, wo sie vom Rade angegriffen werden, mit etwas Baumwolle, die mit Kolophonium bestreut ist, umwickelt. Abbildung findet man bei Praetorius (die in Bonanni, Gabin. arm. Taf. 65 ist ganz falsch).

Dieses verachtete und auch wirklich sehr armselige Instrument, welches man nur bei Bettlern und wandernden Musikanten auf den Straßen [um 1865] findet, wurde im Jahre 1757 von dem Franzosen Baton verbessert, der auch in Paris Unterricht darauf gab. Noch beträchtlicher aber soll die Vervollkommnung gewesen sein, die ihm gegen 1780 durch den Amtsschösser Biedermann in Schloss Beichlingen, der (nach Gerbers Tonkünstlerlexikon) im Jahre 1786 in Erfurt mit vielem Beifall sich darauf hören ließ, zuteil wurde. Doch haben auch alle diese Verbesserungsversuche dem geringen Ansehen, in welchem das Instrument von jeher gestanden, nicht aufhelfen können. [Dommer Musikalisches Lexicon 1865, 99]