Anthem (1865)
Anthem, englische Benennung einer bei uns fast allein durch Händel bekannt gewordenen Gattung von kirchlichen Tonstücken, deren gegenwärtiger [19. Jh.] Formbegriff mit dem ursprünglichen nichts weiter mehr gemein hat, als die Beziehung auf den Choral und liturgischen Gesang des Priesters. Der Wortabstammung nach (von Ant-hymn, Gegen- oder Wechselgesang) war Anthem zuerst wohl nur gleichbedeutend mit Antiphonie, dann bis auf Henry Purcell (1658-1695) die in England gebräuchliche Benennung für eine mit der Motette im wesentlichen übereinkommende Chorform, und erst von da ab, und zwar sowohl durch Purcell selbst als vorzugsweise durch Händel, bekam es seine gegenwärtige Gestalt, in welcher es als eine Art Mischform von Motette und unserer deutschen geistlichen Kantate erscheint. Von der Motette hat es die meist breit angelegten und ganz kunstmäßig durchgeführten Chöre, außerdem liegt ihm, gleich jener, stets ein biblischer Text unter. Von der Kantate stammen seine Solosätze, mit denen die Chöre abwechseln, und die volle Instrumentalbegleitung. Dass Händel in dieser Gattung Meisterwerke von großer Bedeutung geschrieben hat, ist bekannt. Vergleiche Chrysander, Händel I 459; Mattheson, Ehrenpforte S. 98, Anm. [Dommer Musikalisches Lexicon 1865, 55]