Trio (1865)

Trio, Sonata a tre.
A) Ein Tonstück für drei Soloinstrumente, welche sämtlich konzertierend oder Hauptstimmen sind, ohne Begleitung anderer Instrumente. Gewöhnlich besteht es aus mehreren Sätzen, erscheint als Gattung der älteren und neueren Sonate. Die ältere dreistimmige Sonate, für zwei Oberstimmen (Oboen, Flöten oder Violinen) und eine ebenfalls konzertierende Grundstimme, ist in gebundener oder fugierter Schreibart, mit Nachahmungen und künstlichen [künstlerischen] Kontrapunkten gearbeitet und war ehedem unter dem Namen Kirchentrio verbreitet, kommt jetzt aber nicht mehr vor.

Eine einfachere, hinsichtlich ihrer Bearbeitung dem Singduett mit obligater Grundstimme ähnliche Art Trio wurde für zwei konzertierende Oberstimmen mit begleitendem Bass gesetzt. Ungefähr um Mitte des vorigen Jahrhunderts [des 18. Jh.] war sie am meisten beliebt und wurde von den besten Tonsetzern, welche auch sehr schätzbare Produkte dieser Art geliefert haben (u. a. von Händel, Graun etc.), in umfänglicher Weise gepflegt. Doch wurde diese dreistimmige Sonate (Sonata a tre) durch das sich entwickelnde Streichquartett und das gegenwärtig [um 1865] gebräuchliche Klaviertrio nach und nach ganz verdrängt, wenngleich noch bei Beethoven sowie hin und wieder auch in der Gegenwart einzelne Sonaten für drei Streichinstrumente (Violine, Viola und Violoncello, auch zwei Violinen und Bratsche) vorkommen.

Das moderne Klaviertrio ist mit Klavier, Violine und Violoncello besetzt. In der früheren Zeit, bei Haydn, sind die letzteren beiden Instrumente noch weniger selbständig, die Violine ist gemeinhin Verdoppelung von Klaviermelodien, das Violoncello Verdoppelung des Klavierbasses, beide Instrumente nehmen nur in einzelnen Momenten eigene Bewegungen an, im Wesentlichen ist das Stück eine Klaviersonate mit Verdoppelungen und Färbungen durch die Streichinstrumente. Nichtsdestoweniger hat Haydn auch wundervolle Werke innerhalb dieser Gattung hinterlassen. Allmählich wurden die Streichinstrumente immer selbständiger, bei Beethoven sind sie durchaus obligate Hauptstimmen.

Eine große Schwierigkeit des Klaviertrios besteht in der Verschmelzung der Streichinstrumente mit dem hinsichtlich des Klangcharakters völlig davon sich unterscheidenden Klaviers. Aufheben lässt sich der Klangunterschied natürlich nicht, aber er soll zu musikalischen Wirkungen benutzt werden. Der Klaviersatz muss dabei den Forderungen einer guten und wohlausgearbeiteten Polyphonie folgen, es ist sehr oberflächlich, den Streichinstrumenten Melodie und dem Klavier nur Ausfüllungen zu geben, wie wir solche in etwa Reissigerschen Klaviertrios, welche gerade darum eine Zeit lang in manchen Dilettantenkreisen einer besonderen Beliebtheit sich erfreuten, sowie in anderen ähnlichen bequemen Dutzendfabrikaten finden.

Im Orgelspiel findet der Triosatz für zwei verschieden registrierte Manuale und obligates Pedal vielfache Anwendung, er ist die Grundlage aller tüchtigen und durchbildeten Behandlung der Orgel. Bachs Orgelsonaten, in ihrer Setzart den strengen dreistimmigen Instrumentalsonaten sich anschließend, sind Muster des Orgeltrios.

B) In manchen Tanzgattungen, besonders der Menuett, sowie auch im Scherzo der modernen Sonate führt der aus einem eigenen Thema gebildete zweite oder Nebensatz den Namen Trio. Diese Benennung schreibt sich von der älteren Menuett her. Es wurde in derselben nämlich die eigentliche Menuett oder der Hauptsatz nur von den Oberstimmen unisono mit begleitendem Bass, also nur zweistimmig ausgeführt. Mit Eintritt des Nebensatzes aber pflegte, der Mannigfaltigkeit und Abwechselung wegen, eine etwas reichere Dreistimmigkeit sich zu entfalten. Daher die Benennung Trio für diesen Nebensatz. Näheres siehe unter Menuett, Sonate, Scherzo, Tanz etc. [Dommer Musikalisches Lexicon 1865, 885f]