Rubato, Tempo rubato (1929)
Rubato (italienisch, "geraubt"), Tempo rubato, heißt die freie Behandlung des Tempos an besonders ausdrucksvollen und leidenschaftlichen Stellen, welche das für gewöhnlich unmerkliche stringendo-calando der Phrasenabschattierung merklich hervortreten lässt (vgl. Agogik). Das echte künstlerische Rubato, wie es im 18. Jahrhundert (Mozart!) und noch von Chopin geübt worden ist, beruht jedoch auf dem freien Vortrag der Hauptstimme, des Cantabile, bei striktestem Festhalten am Tempo in den Begleitstimmen.
Vgl. Lucian Kamienski, Zum Tempo rubato, in: AfMW. I, I (Okt. 1918), der nachweist, dass der Begriff bereits 1723 von Tosi aufgestellt worden ist. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hat der Begriff des Rubato sich jedoch zur überhaupt freien, deklamatorischen Behandlung des Grundtempos erweitert. Diese Wandlung geht vornehmlich auf den Klavierstil Schumanns zurück, der dies Rubato noch genau durch rit. — — bezeichnet (vgl. seine Arabeske); bei Liszt und Wagner vollzieht sich dann endgültig die Auflösung des Tempos in ein wechselvolles Fließen des Zeitmaßes, das dann auch die "absolute" Musik (Reger) erfasst. [Einstein/Riemann Musiklexikon 1929, 1557f]