Notturno (1865)
Notturno, eine Nacht- oder Abendmusik, sowohl im Freien als im Saale aufgeführt zu werden bestimmt; gewöhnlich für drei, vier oder mehrere einfach besetzte Instrumente (entweder Harmoniemusik, auch Streich- und Blasinstrumente verbunden, oder Hörner allein), ingleichen auch für Gesang mit oder ohne Instrumente und endlich auch auf das Klavier angewendet. Entweder hat es eine aus drei, vier oder mehreren Sätzen bestehende sonaten- oder serenadenartige Form, zuweilen mit Tänzen untermischt, quartettmäßig behandelt, doch mit mehr dominierender Oberstimme; oder es ist nur ein einzelner Satz aus einem Thema, etwa noch mit einem Nebengedanken verbunden, entwickelt.
Der Charakter dieser Tonstücke pflegt gewöhnlich eine sanfte und ruhige Schwärmerei zu sein, ohne die Heiterkeit darum auszuschließen. Hohe Ideen und kunstvolle Ausgestaltung derselben aber bleiben ihnen fern, das Ganze läuft mehr auf eine angenehme Unterhaltung und Erweckung milder Gemütsstimmungen als auf energische Anregung tiefer Gefühle und Leidenschaften hinaus. Deshalb ist auch der [um 1865] modernen Salonklaviermusik wie andere sogenannte Charakterstücke so auch das Notturne gerade recht, um nach der Möglichkeit sentimentalisieren und empfindeln zu können, ohne eine Beeinträchtigung der Harmonie des Teetisches durch Erweckung starker Gefühle und Gedanken befürchten zu dürfen. [Dommer Musikalisches Lexicon 1865, 622]