Meistersinger (1929)

Meistersinger (Meistersänger) heißen die mit ihren Traditionen an die Minnesänger anschließenden bürgerlichen (dem Handwerkerstande angehörigen) Dichter und Sänger des 14.-16. Jahrhunderts, die in verschiedenen deutschen Städten zu Gesellschaften mit strengen Satzungen (Tabulatur) zusammentraten und zunftmäßig Grade unterschieden, welche durch Leistungen erworben werden mussten (Schüler, Schulfreund, Sänger, Dichter, Meister).

Die Stoffe der Dichtungen der Meistersinger waren überwiegend biblische, die Behandlung schwerfällig und hausbacken. Berühmte Meistersinger waren Michael Behaim, Hans Rosenblüt, Hans Folz und vor allem Hans Sachs. Dichtungen der Meistersinger sind uns in großer Zahl erhalten, leider meist ohne die Weisen (Melodien). Wie die Minnesänger ihre Melodien mit Neumen (Choralnoten) notierten, bedienten sich auch die Meistersinger, angeblich die "Weisen" der alten Meister weitergebend, derselben Art der Aufzeichnung, nur nahmen sie statt der gefüllten Noten hohle an, meist Semibreven und nur für Verzierungen (Blumen) Minimen, wodurch der irreführende Schein verstärkt wurde, dass es sich hier um mensurierte Notierungen handle.

Hauptpflegestätten des Meistergesangs waren im 14· Jahrhundert Mainz, Straßburg, Frankfurt, Würzburg, Zwickau, Prag, im 15.-16. Jahrhundert Augsburg und Nürnberg (unter Hans Sachs mit über 250 Meistersängern), Kolmar, Regensburg, Ulm, München usw. Die Wiege des Meistergesangs war der Sage nach Mainz (Frauenlob, Regenbogen). Ein lebensvolles Bild des Meistergesangs hat R. Wagner in den Meistersingern von Nürnberg entworfen.

Vgl. Adam Puschmann, Gründlicher Bericht des deutschen Meistergesangs zusamt der Tabulatur (1571; in Neudruck bei Niemeyer in Halle); Wagenseil, Buch von der Meistersinger holdseliger Kunst (1697); Grimm, Über den altdeutschen Meistergesang (1811); Schnorr von Carolsfeld, Zur Geschichte des deutschen Meistergesangs (1872); Runge, Die Sangesweisen der Colmarer Handschrift und die Liederhandschrift Donaueschingen (1896) und Über die Notation des Meistergesangs (1907, im Bericht über den Basler Kongreß der IMG.); K. Drescher, Nürnberger Meistersinger-Protokolle von 1575 bis 1689 (1898, 2 Bde.); G. Münzer, Über die Notation der Meistersinger (1907) und Das Singebuch des Adam Puschmann (1907, mit reicher Auswahl von Melodien); Alfr. Kühn, Rhythmik und Melodik Michael Behaims (1907), Robert Staiger (gest. 1914), Benedict von Watt (1914, zur Göttinger Habilitationsschrift erweiterte Dissertation, Beiheft II, 13 der IMG.); auch Kurt Mey, Der Meistergesang in Geschichte und Kunst (1892 und 1901); E. Martin, Urkundliches über den Meistergesang zu Straßburg (Straßburger Studien I); Otto Plate, Die Kunstausdrücke der Meistersinger (Straßburger Studien III). [Einstein/Riemann Musiklexikon 1929, 1146f]