Instrumentation (1929)

Instrumentation (Instrumentierung, Orchestration, Orchestrierung), die Verteilung der Parte einer Orchesterkomposition auf die einzelnen Instrumente, sofern der Komponist sein Werk zuerst skizziert, d. h. rein musikalisch konzipiert und ohne detaillierte Verteilung an die Instrumente entwirft und erst bei der endgültigen Ausarbeitung den einzelnen Instrumenten ihre Parte anweist. So spricht man auch von der Instrumentierung (Orchestrierung) einer Beethovenschen Sonate (man vgl. etwa die von op. 106 durch F. v. Weingartner) u. a., wenn diese für Orchester bearbeitet wird.

Ältere Orchesterwerke sind, wenn sie neubelebt werden sollten, teilweise anders (um-)instrumentiert worden, weil manche der im 17. und 18. Jahrhundert gebräuchlichen Instrumente (Theorbe, Gambe u. a.) nicht mehr im Gebrauch sind oder waren. Für die Geschichte der Instrumentation sind solche an sich verwerfliche "Bearbeitungen" besonders lehrreich: Man denke an die vielfachen Retouchen, die etwa Händel durch Mozart oder Mendelssohn erfuhr, die Gluck oder Beethoven sich gefallen lassen mussten (Wagner), die "Erneuerung" Bachs durch Rob. Franz, des Barbier von Cornelius durch Levi und Mottl, die Verbesserung Schumanns durch Mahler, der Klavierkonzerte Chopins durch Tausig oder Balakirew usw.

Im 16. und 17. Jahrhundert fehlen oft bestimmte Angaben ganz, welche Instrumente die Parte ausführen sollen. Die ältere Instrumentation ist, abgesehen von vereinzelten Anläufen zur Charakteristik (Monteverdi) durchaus der Orgelregistrierung vergleichbar (Streicher, Holzbläser, Tutti, Soli). Seit durch Haydn die einzelnen Orchesterinstrumente zu selbständigen Trägern feinster Ausdrucksschattierungen geworden sind, welche selbst im Themenaufbau sich differenzieren, ist es freilich nicht mehr angängig, dass der Komponist erst komponiert und dann instrumentiert; vielmehr muss er sogleich für den vielgliedrigen Apparat des Orchesters denken. Die Skizze ist dann bezüglich der Instrumentation eine abbreviierte Art der Notierung und wird stets für charakteristische Wirkungen bereits Notizen über die Instrumentation enthalten. Über die Wandlung des Klangideals, die sich besonders in der Instrumentation ausspricht, vgl. Instrumentalmusik.

Die Instrumentationslehre belehrt den Schüler über Tonumfang und Eigenart, technische Behandlung und zweckmäßige Kombination der Instrumente. Anleitungen dazu finden sich in den Kompositionslehren von Marx (Bd. 3 und 4), Lobe (Bd.2), Riemann (Bd. 3) sowie in den speziellen Instrumentationslehren von Joh. G. Kastner, Berlioz (Neuausg. v. R. Strauß), Gevaert, Bußler, R. Hofmann, Kling, Eb. Prout, Mirecki, Pilotti, E. Ergo (Dans les propylées de l'instrumentation 1908), F. Höfer (Instr.-Lehre mit bes. Berücksichtigung der Kirchenmusik, 1913), in Riemanns Handbüchern der Musikinstrumente und der Orchestrierung u. a.

Die ältesten Instrumentationslehren sind die von Francoeur (1772), Vandenbroeck (um 1800), Sundelin (1828) und J. Catrufo (1832); doch sind auch schon die Instrumentenbeschreibungen und Anweisungen für das Spiel der Instrumente von Virdung (1511), Martin Agricola (1528), Ganassi del Fontego (1535), Philippe Jambe de Fer (1556), M. Praetorius (1619) u. v. a. Vorläufer der eigentlichen Instrumentationslehre. Vgl. Lavoix, Histoire de l'instrumentation (1878, ein seinen Gegenstand freilich nur sehr skizzenhaft behandelndes Werkchen); Adam Carse, The History of Orchestration (London 1925). [Einstein/Riemann Musiklexikon 1929, 807]