Caccia (1929)

Caccia (italienisch: caccia, sprich: kattscha, "Jagd"), Name einer der überraschenden neuen Formen, mit denen die Meister der Florentiner Renaissance zu Anfang des 14. Jahrhunderts auftreten, textlich zunächst meist die Beschreibung einer Jagdszene, später (gegen 1400) gelegentlich mit scherzhafter Umwandlung der Szenerie in die drastische Beschreibung eines Viktualienmarktes oder anderer lebhafter Szenen übergehend (wie nach 1500 noch Janequins Cris de Paris).

Musikalisch ist die Caccia stets ein streng durchgeführter Kanon zweier Stimmen im Einklang (bzw. der Oktave) in Abstand von 8 und mehr Takten mit oder ohne eine dritte fundamentierende Stimme, die am Kanon nicht teilnimmt. übrigens scheint die Caccia von Frankreich nach Italien gekommen zu sein (vgl. Fr. Novati in Studi medievali II, 1906/7; Friedr. Ludwig, AfMW. V, 283; H. Besseler, AfMW. VII, 193f.). Beispiele von Caccie siehe in J. Wolfs Geschichte der Mensuralnotation (1904) und desselben Aufsatz Florenz in der Musikgeschichte des 14. Jahrhunderts (Sammelb. der Intern. MG. III,4, 1902), H. Riemanns Handbuch der Musikgeschichte I, 2, S. 324ff und desselben Hausmusik aus alter Zeit, Heft I. Vgl. fürs Literarische auch G. Carducci, Caccie in rime (Florenz 1896).

Im 16. Jahrhundert blüht die Caccia-Literatur im Gefolge von Janequins entsprechenden Werken auch in Italien wieder auf (Werke von Nasco, Striggio, Marenzio, Vecchi u. a.). Vgl. A. Einstein, Eine Caccia im Cinquecento (Liliencron-Festschrift 1910). Zweifellos stammt auch der Name des englischen Catch (siehe dort) von der Caccia.

Im 15. Jahrhundert ist chacer (chasser) in den Schlüsseln von Rätselkanons der Terminus für die Ableitung einer Stimme aus einer anderen (z. B. bei Baude Cordier). Vgl. Rota.

Caccia, Corno di caccia, siehe Horn. Oboe di caccia, siehe Oboe. [Einstein/Riemann Musiklexikon 1929, 264]