Bühnenmusik (1929)
Bühnenmusik (Inzidenzmusik) nennt man eine vom Dichter eines Bühnenwerks in den Gang der Handlung verwobene, also auf der Bühne selbst in oder hinter der Szene ausgeführte Musik, ohne deren Ausführung also das Stück nicht vollständig sein würde.
Besonders Shakespeare fordert ja häufig eine ausgedehnte Mitwirkung der Musik zur Herstellung der Stimmung, die freilich manchmal so weit geht, dass das Drama zum Melodram wird. Musiken zu Shakespeare-Dramen sind darum von jeher in großer Zahl geschrieben worden. Eine zu reichliche Verwendung von Bühnenmusik ist ästhetisch darum nicht unbedenklich, weil sie zu der Frage Anlass gibt, warum nicht bis zur gänzlichen Durchführung des Dramas mit Musik, zur Oper, fortgeschritten wird. Anderseits läuft in der Oper selbst (auch in den Musikdramen Gluck-Wagnerscher Tendenz) das Vorkommen von Musik auf der Bühne Gefahr, nicht genügend als solche zur Geltung zu kommen. Da die Oper ohnehin alle Rede in Gesang verwandelt, so sind als "Gesänge" gemeinte Nummern (z. B. in Tannhäuser) nicht leicht, nur durch eine "geschlossenere" Form als solche herauszuheben. Dagegen mag man gewiss die Bankettmusik in Don Juan oder die in Verdis Opern nicht seltene Bühnenmusik (banda), etwa in Rigoletto, Maskenball, unbedenklich als zwanglos dem Ganzen sich einfügend hinnehmen. Vgl. Melodrama. [Einstein/Riemann Musiklexikon 1929, 247]