Akademie (1882)

Akademie hieß ein Promenadenplatz im alten Athen, auf welchem Platon seine Schüler zu versammeln und ihnen Vorträge zu halten pflegte; der Name ging dann auf Platons Schule über und wurde 1470 von einer am Hof Cosimos von Medici zu Florenz sich bildenden Gelehrtengesellschaft neu aufgegriffen, die sich "Platonische Akademie" nannte. Seitdem entstanden zahlreiche andere Gelehrten- und Künstlergesellschaften, die den Namen Akademie annahmen.

Die Mehrzahl unserer Akademien sind Staatsinstitutionen, so die Akademien zu Paris und zu Berlin, welche aus einer fest normierten Anzahl ordentlicher Mitglieder bestehen. Die Pariser Akademie zerfällt in die Académie française (Akademie für französische Sprache und Literatur), die Académie des inscriptions et belles-lettres (für Geschichte, Archäologie und klassische Literatur), die Académie des sciences (für Naturwissenschaften), die Académie des beaux-arts (Akademie der Künste) und die Académie des sciences morales et politiques (Rechte, Volkswirtschaft etc.). Die Académie des beaux-arts ist reich dotiert und hat alljährlich eine Anzahl ansehnlicher Preise zu vergeben; die Musikwissenschaft verdankt schon manche Förderung den Konkursen dieser Akademie.

Die Berliner Akademie der Künste ist eine staatliche, aber mit der Akademie der Wissenschaften nicht zusammenhängende Institution, deren Dependenzen die Kompositionsschule, die Hochschule für Musik und das Institut für Kirchenmusik sind (vergleiche Konservatorium).

Auch die königliche Akademie zu Brüssel hat eine Abteilung für die schönen Künste; in Boston besteht seit 1780 eine Akademie der Künste und Wissenschaften.

Im weiteren Sinn versteht man jetzt [um 1880] unter Akademien höhere Bildungsanstalten aller Art, besonders die Universitäten, dann aber auch Hochschulen für einzelne Fächer. Unter die Akademien dieser Art gehören auch die musikalischen Akademien, d. h. die Konservatorien, von denen indes nur wenige den Namen Akademie führen (Royal Academy of Music in London, Kullaks Neue Akademie der Tonkunst in Berlin, das Akademische Institut für Kirchenmusik zu Breslau etc.). Vergleiche Lyzeum.

Auch Konzertgesellschaften und Opernunternehmungen haben mehrfach den Namen Akademie angenommen. So war die Academy of ancient Music (1710-92) in London eine  Konzertgesellschaft zur Pflege alter Musik, die Académie (nationale, impériale, royale, je nach dem jeweiligen Regierungssystem) de musique zu Paris ist nichts andres als die seit 1669 bestehende Große Oper, von der seiner Zeit (1784) mit einer Operngesangschule die Keime des jetzigen Pariser Konservatoriums gelegt wurden, und die Academy of music zu New York sogar nur das Opernhaus, das überwiegend Konzertzwecken dient. Bekannt ist auch die im ersten Viertel des vorigen Jahrhunderts [18. Jh.] unter Händel blühende Italienische Oper zu London unter dem Namen Academy.

In Italien ist Accademia ein ganz gewöhnlicher Ausdruck für Konzert, musikalische Unterhaltung. [Riemann Musik-Lexikon 1882, 14]