Vierhändig (1879)
Vierhändig - a quattro mani - à quatre mains - nennt man die Klavierstücke, welche von zwei Personen auf einem Instrument ausgeführt werden, so dass die eine die obere Partie (Primo), die andere die untere (Secondo) spielt. Erfolgt eine derartige Ausführung an zwei Instrumenten, so dass gleichfalls vier Hände beschäftigt sind, braucht man jene Bezeichnung nicht; eine solche Komposition heißt dann als für zwei Klaviere eingerichtet, weil in diesem Falle jedes derselben selbständiger und nicht als Primo und Secondo bedacht ist. Jedem der beiden Spieler steht bei dieser Einrichtung der ganze Umfang des Instruments zur Verfügung, während bei dem sogenannten Vierhändig-Spiel an einem Instrument jeder Spieler nur die Hälfte des Umfangs verwenden kann.
Diese Behandlung des Instruments ist auch eine Errungenschaft der neueren Zeit [um 1880]. Im vorigen Jahrhundert [im 18. Jh.] waren Klavierstücke zu vier Händen noch eine große Seltenheit und Jos. Haydn ist der erste bedeutende Meister in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts, von dem solche vorhanden sind. Seinem Beispiel folgten die jüngeren Meister Mozart und Beethoven und auch kleinere, wie Stamitz usw. Aber auch sie vermochten der Gattung noch keine rechte Verbreitung zu geben. Erst als die Entwickelung des Orchesters und der Oper so gewaltige Dimensionen annahm und als die Hausmusik das Arrangement der Sinfonien und Opern für Klavier nötig machte, wurde auch das Vierhändig-Spiel allgemeiner beliebt, da es eine entsprechendere Darstellung jener großen Werke auf dem Klavier ermöglichte, als das Spiel von nur einem Spieler. Seitdem sind auch eine Reihe selbständiger Werke zu vier Händen geschrieben worden, die weitere Verbreitung fanden. [Mendel/Reissmann Musikalisches Lexikon 1879, 59f]