Vibrato, Tremolando (1879)

Vibrato so viel wie Tremolando = zitternd, bebend. Als eine besondere Spielweise der Streichinstrumentisten und Vortragsweise der Sänger ist es ein äußerst wirksames Effektmittel, das aber durch eine verschwenderische Anwendung seitens der weniger hervorragenden Künstler sehr in Misskredit gekommen ist. Es wird bei den Saiteninstrumenten dadurch hervorgebracht, dass nur der die Höhe des Tons bestimmende Finger fest auf die betreffende Stelle der Saite aufgesetzt und dann in zitternde Bewegung gebracht wird; diese teilt sich dem so erzeugten Ton mit und gibt ihm größere Wirkung, die indes durch den Missbrauch sehr abgeschwächt und oft in das Gegenteil verkehrt wird. Noch unangenehmer wirkt das fortwährende Tremolieren im Gesang, während es am richtigen Orte angewandt hier noch gewaltigeren Effekt macht, als das Vibrato der Streichinstrumente. Beim Gesang ist es namentlich durch die Sänger und Sängerinnen sehr diskreditiert worden, die damit die mangelnden Stimmmittel zu verdecken suchten.

Vorgezeichnet wird das Vibrato nicht, es bleibt den Solisten überlassen, es anzubringen, wo es ihnen gutdünkt. Selbstverständlich ist es nur in der getragenen Kantilene auf länger gehaltenen Tönen anwendbar, und wenn es geschickt, d. h. so angebracht wird, dass nur die Gipfeltöne der Melodie damit ausgezeichnet werden, ist seine Wirkung vollkommen sicher. [Mendel/Reissmann Musikalisches Lexikon 1879, 50f]