Untertöne (1882)
Untertöne (Untertonreihe) nennt man diejenige Reihe von Tönen, welche sich im umgekehrten Verhältnis der Obertonreihe nach der Tiefe erstreckt und ebenso für die Erklärung der Konsonanz des Mollakkords herangezogen werden muss wie die Obertonreihe für die des Durakkords (siehe Klang).
Eine reale Existenz der Untertöne nachzuweisen, welche der der Obertöne entspräche, hat der Herausgeber dieses Lexikons [Hugo Riemann] wiederholt versucht. Ihre subjektive Entstehung im Ohr demonstrierte er in seiner "Musikalischen Logik" (1873), ihre objektive Existenz glaubte er aus verschiedenen Anzeichen schließen zu müssen (vergleiche "Die objektive Existenz der Untertöne in der Schallwelle", 1875, und "Musikalische Syntaxis", 1877). Hier sei noch ein Problem gestellt, dessen Lösung die Frage der objektiven Existenz entscheiden dürfte: Es werde eine Sirene konstruiert mit zweierlei Wind und zwar von erheblich verschiedenem Druck (25 und 50° Orgelwind), welcher durch Schläuche so nach den Öffnungen unter der Drehscheibe der Sirene geleitet wird, dass zum Beispiel bei zwölf Löchern jedes zweite oder dritte den verstärkten Wind erhält. Hört man dann, wenn die Sirene funktioniert, die Unteroktave resp. Unterduodezime neben dem Ton, welchen das Instrument ohne jene Verstärkungen geben würde, so ist der Beweis für die reale Existenz der Untertöne geführt; denn die unvermeidlichen Intensitätsungleichheiten der einander folgenden Einzelschwingungen würden mathematisch dargestellt werden müssen als Summen einzelner Superpositionen, deren jede einem der Untertöne entspräche. Professor Schafhäutl in München ist der Ansicht, dass die Sirene nur einen Ton geben würde. Leider fehlte bisher die Gelegenheit, das Experiment anzustellen, von dessen Ausfall [Ergebnis] sehr viel abhinge (z. B. für die Orgel Konstruktion von Hilfsstimmen nach unten; die Oktaven 16 Fuß, 32 Fuß funktionieren ja schon längst als Hilfsstimmen, indem auch trotz Zuhilfenahme derselben die 8-Fußstimmen als die Tonhöhe bestimmend angesehen und empfunden werden). [Riemann Musik-Lexikon 1882, 951]