Orphéon (1929)

Orphéon ist der allgemeine Name der Männergesangvereine in Frankreich, dasselbe, was bei uns Liedertafel ist. Die Orphéons wurzeln in der Einführung des Gesangunterrichts an den Volksschulen in Paris durch Bocquillon-Wilhem (1818). 1835 wurde dieser Gesangunterricht obligatorisch, und gleichzeitig wurden Gesangvereine für die Arbeiterklassen eröffnet. Die Einrichtung fand begeisterte Aufnahme. 1852 wurde Gounod Generaldirektor sämtlicher Pariser Orphéons, und als er das Amt 1860 niederlegte, wurde Bazin Dirigent für das linke und Pasdeloup für das rechte Seineufer. 1873 wurde Bazin alleiniger Dirigent und 1878 Danhauser sein Nachfolger, mit zwei Inspektoren; auf Danhauser folgte 1894 Auguste Chapuis.

Frankreich hatte schon 1863 etwa 1500 Orphéons mit über 60000 Mitgliedern (Orphéonistes) und um 1910 etwa 2200. Heute [um 1930] befinden sich die Orphéons infolge der Sportbewegung im Verfall. Mehrere Musik-Zeitungen vertreten speziell die Interessen dieser Vereine, welche auch in ihrer Gesamtheit als Orphéon (etwa dasselbe wie unser "Deutscher Sängerbund") bezeichnet werden. Vgl. H. Maréchal und G. Parès, L'Orphéon (Paris, ca. 1910). [Einstein/Riemann Musiklexikon 1929, 1318]