Oboe - Konstruktion (1855)
Konstruktion der Hoboe [Oboe]. Die Röhre, welche dieses Instrument bildet, ist konisch gebohrt und besteht aus vier Teilen, welche, wie bei der Klarinette, mittlest Zapfen zu einem Ganzen vereinigt werden. Die Länge der Hoboe misst gegen 1 Fuss, 7 bis 7½ Zoll (Rhn. M.), und das Ansehen ist wie es Fig. 124 zeigt [siehe Abb. rechts]. Der unterste Teil, das Schallstück genannt, hat eine Länge von 3½ Zoll und ist in einer Weite von 275/100 Zoll bis auf 76/100 Zoll konisch ausgebohrt. Der zweite Teil oder von unten das erste Mittelstück hat mit dem Zapfen (Schluss), der in das Schallstück eingreift, eine Länge von 10 bis 1020/100 Zoll. Die Röhre dieses Stückes verjüngt sich von unten nach oben ungefähr von 76/100 bis auf 60/100 Zoll, so dass die ganze Röhre vom Schluss des Schallstücks an bis zu der Mündung des Kopfstücks mit einer Weite im Durchmesser von 76/100 Zoll anfängt und mit 23/100 Zoll oben endet. Das zweite Mittelstück hat mit den beiden Zapfen eine Länge von 7½, das Kopfstück von 2⅛ Zoll.In jedem Mittelstück befinden sich drei offene Tonlöcher, welche bei der Handhabung mit den Fingerspitzen bedeckt werden. Am oberen Mittelstück besteht das dritte Loch von oben aus zwei nebeneinander gebohrten Tonlöchern, welche bei dem Ton g beide bedeckt werden.Die Zahl der mit Klappen bedeckten Tonlöcher ist auf kein absolutes Quantum angewiesen. An der gewöhnlichen Hoboe befinden sich z. B. nur zwei Klappen. In Sellners Schule wird das Instrument mit 9 Klappen angegeben, nämlich: mit einer Schleifklappe und den C-, B-, Gis-, Fis-, F-, Dis-, C- und Cis-Klappen. Die in vorstehender Figur abgebildete Hoboe hat 13 Klappen, nämlich acht an dem unteren Mittelstück, wovon zwei (tief h und c) offen sind, und fünf an dem oberen Mittelstück.
Nach der neuesten Art [um 1850] wird unter dem Kopfstück eine Metallröhre eingesetzt, welche behufs einer tieferen Stimmung ausgezogen werden kann.
Angeblasen wird die Hoboe mit einem Rohr, das aus zwei zusammengepassten Stückchen feinem Schilfrohr besteht, die um eine runde Messingröhre gebunden sind. Oben bildet dieses Rohr ein ganz flaches Oval, das nur eine enge Spalte zum Einblasen der Luft zeigt. Die Messingröhre, um die dieses Rohr gebunden ist, heißt der Stift. Er wird in die kleine Mündung der Hoboe-Röhre oben im Kopfstück eingesteckt.
Man verfertigt die Hoboen nur aus dichtern festen Hölzern wie z. B. Buchs, wildes Birn, Bohnenbaum, Ebenholz u. dgl. Um die Schlüsse und Schallstürze werden wie bei der Klarinette Ringe von Elfenbein oder Horn gelegt, welche das Spalten verhindern und dem Instrument zugleich auch ein zierliches Ansehen geben.
Die Klappen werden entweder aus Messing, das weiß gesotten wird, oder aus einer Metallkomposition wie Neusilber, zuweilen auch aus wirklichem Silber verfertigt. Gewöhnlich sind die Klappen bei der Hoboe gleich in dem Holz der Röhre befestigt, d. h. man lässt da, wo sie in der Achse liegen, so viel Holz stehen, dass es eine Erhöhung bildet, die hinreichend ist, sie darin einzuklingen und mittelst eines Stiftes zu befestigen. Manche Instrumentenmacher verwenden jedoch auch kleine Säulchen von Metall, zwischen die sie die Klappen legen, und befestigen dieselben mittelst Schräubchen an den Punkten, wo die Achse ihre Lage haben muss.
Verschiedene Versuche, die Hoboe auch aus Metallblech zu verfertigen, sind bis jetzt ungenügend ausgefallen. Besonders verschwindet dadurch die Eigentümlichkeit der Klangfarbe dieses Instruments, welche es in der Hand des Künstlers so beliebt macht. Der Ton wird nämlich in Exemplaren aus Blech hart und spitz und verliert jene dem Gemüt so wohltuende, herzergreifende Zartheit, welche das Gefühl des Bläsers bei guter Behandlung auf der Hoboe von Holz ausdrücken kann.
Die Hoboe hat weit weniger Verbreitung als die Klarinette, was in der Schwierigkeit der Erlangung eines gediegenen Vortrags auf ihr zu suchen sein mag. Sie ist in dieser Beziehung ein undankbares Instrument zu nennen, auf dem es nur wenige Künstler zu einem hohen Grad der Vollendung im Vortrag bringen. Es ist tägliches Studium und sorgfältige Übung nötig, um, wie die Musiker sich ausdrücken, Ansatz zu behalten. Der Hoboebläser muss ganz Sänger auf seinem Instrument sein und den Tönen das innigste Gefühl einzuhauchen verstehen, durch das die Klänge den süßen poetischen Schmelz erhalten, welcher so ergreifend auf das Herz wirkt. [Welcker von Gontershausen Magazin 1855, 392ff]