Inversion (1865)
Inversion. Die Versetzung der Worte eines einer ausgeführten Vokalkomposition als Text unterliegenden Redesatzes. Dem musikalischen Hauptsatz des Stückes müssen, so oft er auch wiederkehren möge, die Worte stets in der ursprünglichen Ordnung unterliegen. Führer und Gefährte in der Fuge z. B. dürfen die ursprüngliche Wortfolge des Textes nicht verändern. Die Zergliederung des musikalischen Hauptsatzes zieht aber auch eine Zergliederung des Redesatzes nach sich und es erfolgen die mit obigem Terminus bezeichneten Versetzungen, Wiederholungen, Auslassungen etc. der Worte, wobei aber stets zu beachten bleibt, dass der Sinn nicht Zwang und Entstellung erleide. Es ist also erlaubt, anstatt z. B. "Christen, lobt ihn, singt ihm Dank" zu setzen: "Lobt ihn, Christen" etc., oder: "Lobt ihn, singt ihm, singt ihm Dank" etc.
Bei ausgedehnten Tonsätzen, die, wie ja überwiegend häufig, einen nur ganz kurzen Text haben, sind solche Inversionen natürlich unerlässlich, daher ist es vorteilhaft, wenn der Text sich teilen und versetzen lässt und der Sinn doch immer ungezwungen und richtig bleibt. In freieren Tonsätzen nimmt man es übrigens mit der genauen Beibehaltung der Wortfolge in den Wiederholungen des Hauptsatzes nicht allemal so genau. Besonders in Ansehung der Wiederholung einzelner Worte können Fälle vorkommen, in denen der Ausdruck dadurch an Betonung und Bekräftigung gewinnt, und man hat Beispiele, dass solche Wiederholungen schon im ersten Vortrag des Hauptsatzes, bevor derselbe zu Ende ist, auftreten. Graun deklamiert z. B. gleich zu Anfang einer Arie: "Singt dem göttlichen Propheten, dem göttlichen Propheten", und fährt nach dieser Inversion erst fort: "der den Trost" etc. Siehe Textwiederholungen. [Dommer Musikalisches Lexicon 1865, 466]