Bindung, Ligatura, Liaison (1840)
Bindung, Ligatura, Liaison. Die Zusammenziehung zweier Töne von gleicher Höhe zu einem einzigen Tone, wodurch die Dauer des ersten verlängert wird. Dies wird durch einen über beide Noten gezogenen Bogen angezeigt [Beispiel a)].
In rhythmischer Hinsicht entsteht durch die Bindung Synkope, d. h. durch Zusammenziehung einer akzentuierten Note mit einem Teil einer unakzentuierten, so dass der in der schwachen [unbetonten] Taktzeit vorhandene Ton bis in die folgende gute [betonte] Zeit des Taktes fortklingend erhalten wird [siehe obiges Notenbeispiel bei b)], eine fühlbare Verrückung der Taktglieder, weshalb man die Bindung auch Rückung nennt.
In der Harmonie bilden die Bindungen alle vorbereiteten Dissonanzen, indem bei dem Fortschreiten von Akkord zu Akkord ein oder zwei Intervalle des in der schwachen Taktzeit liegenden Akkordes zu dem nächstfolgenden gezogen und durch den Fortschritt einer anderen Stimme als Dissonanz aufgeführt werden (siehe Dissonanz). Da die gebundenen Noten durch das Fortklingen auf dem guten Taktteile ihren gewöhnlichen grammatischen Akzent verlieren, der gewissermaßen auf die schwache Taktzeit verdrängt wird, und überdies dabei die melodische Bewegung bloß aus Taktteilen besteht, so erhält dadurch der ganze Satz einen eigentümlichen, ernsthaften Charakter, den man gewöhnlich mit den Ausdrücken strenge Schreibart oder gebundener Stil [auch: gebundene Schreibart] bezeichnet.
In der Melodie findet die Bindung statt, wenn mehrere aufeinander folgende und durch einen Bogen verbundene Noten aneinanderhängend oder geschleift vorgetragen werden sollen [siehe obiges Notenbeispiel bei c)]. [Gathy Encyklopädie Musik-Wissenschaft 1840, 45]