Stimmpfeife (1865)

Stimmpfeife. Eine hölzerne Pfeife von der Art der gedeckten Flötenstimmen in der Orgel, deren man vor Einführung der Stimmgabel zum Einstimmen anderer Instrumente sich bediente. Die Mündung derselben war mit einem Kolben luftdicht verschlossen; an diesem Kolben befand sich ein Schieber, mittels dessen er beliebig tief, bis auf den Kern herunter geschoben, demnach die schwingende Luftsäule entsprechend verkürzt und der Ton erhöht werden konnte. An dem Schieber hatte man ein Skala für die verschiedenen Töne, welche man zu nehmen wünscht, alles richtig abgeteilt und durch Zeichen bemerkt, so dass man das betreffende Zeichen nur mit dem Rande der Pfeifenmündung gleichzustellen brauchte, um den erwünschten Ton beim Anblasen zu erhalten. Nach dieser Skala war es dann sehr leicht, neben Feststellung eines Normaltones auch die anderen innerhalb der Oktave liegenden Tonverhältnisse zu regulieren.

Doch zeigte die Stimmpfeife unüberwindliche Mängel, weshalb sie auch durch die viel zuverlässigere Stimmgabel gänzlich verdrängt ist. Denn ihre Tonhöhen waren nur sehr unsicher, ein Normalton fast gar nicht zu fixieren, wenn man nicht denselben Wärmegrad der Luft und die nämliche Stärke des Anblasens genau beibehalten konnte. Denn der Ton einer Labialpfeife geht nicht nur bei stärkerem Anblasen beträchtlich in die Höhe, sondern es ist auch bekannt, welchen erheblichen Einfluss die Temperatur der Luft darauf übt. Bei kaltem Wetter und wenn die Wände der Pfeife selbst kalt sind, gibt sie einen merklich tieferen Ton als in der Wärme und wenn sie durch das Angreifen mit der Hand und das Anblasen selbst erwärmt ist. Nur eine nach W. Webers Regeln durch Kompensation sowohl gegen die Einflüsse der Temperatur als auch der mehreren oder minderen Windstärke geschützte Zungenpfeife hält unter allen Verhältnissen richtig Ton.

Doch bleibt die Stimmgabel immerhin das bequemste Instrument zur Tonregulierung, denn die Abweichung nach der Höhe hin, welche sie im Abklingen zeigt, ist so ungemein gering, dass ihre Brauchbarkeit dadurch nicht beeinträchtigt wird. [Dommer Musikalisches Lexicon 1865, 802]