Präludiren (1882)
Präludiren [heutige Schreibweise: Präludieren] heißt ein Vorspiel machen, eine Tätigkeit, welche bei den verschiedensten Gelegenheiten gefordert wird. Der Organist leitet damit nicht nur überhaupt den Gottesdienst ein, indem er ein meist improvisiertes Präludium auf der Orgel ausführt, sondern er bereitet auch die einzelnen gesungenen Kirchenlieder und zur Aufführung gelangenden Chorgesänge damit vor. Für die Sänger ist es durchaus notwendig, dass sie vorher in die Tonart eingeführt werden, in welcher sich der durch sie auszuführende Tonsatz bewegt. Deshalb erwächst auch dem Klavierspieler, welcher den Gesang auf dem Flügel begleitet, die Aufgabe, durch ein kurzes Präludium die betreffende Tonart festzustellen, damit der Sänger sich leicht darin zurechtfindet.
Ein solches Präludieren hat ferner auch den Zweck, dass es die Hörer aufmerksam macht und ihnen zu jener Sammlung verhilft, ohne welche sie das nachfolgende Tonstück kaum mit Erfolg genießen könnten. Für den Spieler gewährt es endlich den Vorteil, dass er sich damit auf dem ihm vielleicht fremden Instrument einigermaßen schon einspielt und die besondere Weise der Technik desselben kennen lernt. [Reissmann Handlexikon 1882, 396]