Augenmusik (1865)
Augenmusik nennt man namentlich solche kontrapunktische Kunststücke, die auf dem Paper zwar nach viel Gelehrsamkeit aussehen, in der Ausführung aber gemeinhin einen recht herzbrechenden Effekt machen. "Es scheint in praejudiciis steckenden Leuthen lauter böhmische Dörffer zu seyn, wenn man heut zu Tage saget, dass zu einer touchanten Ohren-Music viel mehr subtile und geschickte Regeln, nebst einer langwierigen Praxi, gehören, als zu einer herz-druckenden Augen-Music, welche auf dem unschuldigen Papier, nach allen venerablen Contrapuncten der Herren Cantors in den allerkleinsten Städtlein, durchmartirisiret werden", schreibt Joh. Dav. Heinichen 1717 an Mattheson (siehe Critica mus. II. 213). [Dommer Musikalisches Lexicon 1865, 72]